Eine Ode an das Lesen
Die GV der Freunde des gepflegten Buches kommt nie langweilig daher. Heuer konnten sich die Mitglieder mitunter über die Premiere des Kurzfilms «Ode an das Lesen» von Remo Zumstein und Peter Bolliger sowie die Vorpremiere von Bänz Friedlis neuem Buch «Hat die Gruppe verlassen» aus dem Oltner Knapp-Verlag freuen.
Olten Die Begrüssung der 112 Anwesenden der Generalversammlung des Vereins Freunde des gepflegten Buches durch Präsidentin Sibylle Wyss kam am Donnerstag vergangener Woche ziemlich leblos daher. Das Publikum zollte dennoch typisch schweizerischen Anstandsapplaus. Erst als Wyss erklärte, dass die Rede durch die künstliche Intelligenz «ChatGPT» erstellt worden sei, ist bei vielen der Groschen gefallen. Umso lebhafter ging's dafür im Anschluss weiter, als die Präsidentin gekonnt charmant durch den Abend führte.
Ein Genderkompromiss
Bevor es zu den Premieren des Abends kam, galt es nach einem einfühlsamen musikalischen Auftakt durch Syléna Vincent aus Erlinsbach zuerst einmal die Traktanden abzuarbeiten. Diese wurden in gewohnter Manier durchgewunken. Einzig bei der Abstimmung zur Änderung des Vereinsnamens zugunsten einer geschlechtergerechteren Sprache schnellten einzelne Hände nicht nach oben: Vor sieben Jahren als «Freunde des gepflegten Buches» gegründet, nennt sich der Verein ab sofort «Freundinnen und Freunde des gepflegten Buches». Eine Bezeichnung wie «Freund:innen» hätte bei den Mitgliedern aber wohl einen wesentlich schwereren Stand gehabt, zumal auch die Buchverlage zugunsten des Leseflusses nach wie vor sehr defensiv sind, was Genderzeichen betrifft.
Frohe Kunde gab's über die Vereinsaktivitäten zu berichten: Das im vergangenen Jahr gestartete Projekt Leseförderung sei in den Schulen sehr gut angelaufen. Und auch die «Literatur & Bühne»-Anlässe, welche im gleichnamigen Lokal in der Oltner Leberngasse durchgeführt werden, hätten sich als Treffpunkt der Mitglieder etabliert.
Mit dem Buch die Wasserrutsche hinunter
Dass Buchfreunde sich nicht nur an auf Papier gedruckten Lettern erfreuen können, zeigte sich anschliessend anhand der Premiere des Kurzfilms «Ode an das Lesen» von Slampoet Remo Zumstein und dem Oltner Filmemacher Peter Bolliger. Ursprünglich nur als Aufzeichnung von Zumsteins Performance angedacht, entwickelte sich schliesslich ein Kurzfilm daraus, bei dem Zumstein selbst die Hauptrolle spielt. Das Drehbuch aus der Feder von Bolliger und Zumstein in Kombination mit den bildgewaltigen Aufnahmen von Kameramann Peter Schurte haben dabei die Faszination Lesen eindrücklich eingefangen. Der Protagonist des Kurzfilms steht gar dermassen im Bann seiner Lektüre, dass er nicht einmal von ihr ablassen kann, als er die Wasserrutsche der Badi Olten hinunterrutscht. Der Kurzfilm wird demnächst als Vorfilm in den Kinos der Region zu sehen sein.
Bänz Friedli hat die Gruppe verlassen
Nach Musik und Film war es schliesslich an der Zeit für die Vorpremiere von Bänz Friedlis neustem Buch «Hat die Gruppe verlassen», welches am 12. April beim Oltner Knapp Verlag erscheint. Der Autor erklärt: «Als ich 50 Jahre alt wurde, sagte mir Peter Bichsel: ‹Jetzt kommen die besten Jahre: Das Leben ist vorbei, aber du bist noch nicht tot.› Mittlerweile weiss ich, was er damit meinte. Das Erreichen- und Beweisenmüssen, das Rennen liegt hinter dir. Du musst nicht mehr, aber du darfst alles. Das Buch handelt gewissermassen von diesem Grundgefühl.»
Der Name von Bänz Friedlis neuem Buch passt überdies perfekt zu dessen zu Ende gehendem Wirken im Vorstand der Buchfreunde: Seit der Gründung im Jahr 2016 im Vorstand, ist Friedli aus diesem nun ausgetreten. Für sein langjähriges Engagement erhielt er von den Anwesenden grossen Beifall. In Friedlis Fussstapfen tritt nun Schriftsteller Markus Kirchhofer.
Mehr Infos zum Verein: www.buchfreunde.ch
David Annaheim